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Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Verfassungstheorie und Rechtsphilosophie (ÖR IV) – Prof. Dr. Carsten Bäcker

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Uwe Kischel

Am 1.6.2021 hielt Prof. Dr. Uwe Kischel (Universität Greifswald) einen Vortrag mit dem Titel "Rassendiskriminierung und Anti-Rassismus unter dem Grundgesetz". Der Vortrag fand über Zoom statt.

Abstract: Das Grundgesetz verbietet in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG jede Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund der Rasse. Es bezieht sich damit auf jede Gruppe von Menschen mit tatsächlich oder auch nur vermeintlich vererbbaren Merkmalen und erfaßt so gerade auch abgelehnte Rassenbegriffe. In dieser seit langem fast einhellig anerkannten Bedeutung ist das Verbot der Rassendiskriminierung eine Reaktion auf den Nationalsozialismus und eine Erfolgsgeschichte. Obwohl die Verfassung damit einen Begriff verwendet, den sie rechtlich begraben will, und trotz der darauf aufbauenden Diskussion gehört der Begriff der Rasse auch in Zukunft in das Grundgesetz. Ein besonders gefährliches Argument in der Diskussion ist die teilweise befürwortete Anbindung an naturwissenschaftliche Sichtweisen zum Begriff der Rasse. Damit wird nicht nur übersehen, daß die Naturwissenschaften hier ein überaus vielschichtiges und sich stetig veränderndes, niemals abgeschlossenes Bild bieten, sondern vor allem, daß es beim Verbot der Rassendiskriminierung um eine juristische und moralische Frage geht, die völlig unabhängig von Naturwissenschaften sein muß. Wortsinn, Geschichte und Schutzfunktion des Begriffs machen deutlich, daß der juristische Begriff auch weiterhin auf die Vererblichkeit von Merkmalen abstellen muß. Demgegenüber versucht die Anti-Rassismus-Bewegung, den herkömmlichen und alltagssprachlichen Begriff der Rasse zu etwas völlig anderem umzudeuten (Rasse als rein soziales Konstrukt) und versteht zudem unter Rassismus etwas ganz anderes als Rassendiskriminierung, nämlich einen praktisch uferlosen Rassismus ohne Rassen. Mit diesem Griff in die rhetorische Trickkiste wird versucht, die überaus negative Konnotation von "Rassismus" unbemerkt auf völlig andere Sachverhalte zu übertragen, deren Verwerflichkeit alles andere als feststeht und die vielfach neutral oder sogar positiv zu bewerten sind. Die Aufnahme des Begriffs des Rassismus in das Grundgesetz soll diese uferlose Terminologie weit jenseits des gesellschaftlichen Konsenses durch die Hintertür verfassungsrechtlich festschreiben.


Verantwortlich für die Redaktion: Elias Kormann

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